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Über das Leben der jung verstorbenen Schriftstellerin Marie-Henriette Steil (1898-1930) ist nur wenig bekannt. Dabei war sie für ihre zeitgenössischen Bewunderer die „einzige Dichterin, die Luxemburg bis heute besass“ (Albert Hoefler, 1945). Mit ihrem 1926 in Leipzig erschienenen Erzählband Tier und Mensch schrieb sie sich resolut in die moderne Literatur ihrer Zeit ein. Doch nicht nur der Ton ihrer Texte, auch ihr persönlicher Habitus wiesen sie als „une jeune femme des années vingt qui se dit et se veut moderne“ (Ludivine Jehin, 2018) aus. Davon zeugen ihre Kurzhaarfrisur, ihr Streben nach Unabhängigkeit, ihr Nachdenken über Geschlechterrollen und ihr Versuch, als erste Luxemburgerin Berufsschriftstellerin zu werden und international Fuss zu fassen. Marie-Henriette Steil war eine Ausnahmeerscheinung im literarischen Leben des frühen 20. Jahrhunderts und gilt heute als „stille Ikone der Genderliteratur“ (Luc Hornbeck, 2019).
„Ob diese Geschichten wirklich so harmlos sind? Anscheinend ja. Wer aber tief schürft, der spürt hinter allen Zeilen die Spezies: Homo sapiens. Im Gewand der Tiersymbolik birgt sich menschliches Geschehen, geht Menschennot und Menschenwitz in wohltuender Abwechslung.“ (H.B., in Jonghémecht, 1927)